Rimini - Rom
Rimini – 66km – Carpegna – 127km – Ponte Felcino – 52km – Ponte Felcino – 105km – Terni – 123km – Roma
Jetzt ging es also alleine weiter. Mit Blick nach Rom waren nun die nächsten Ziele San Marino und das Tibertal. Kurz hinter Rimini entdeckte ich meine zweite und letzte Panne der Tour. Eine gebrochene Speiche hatte ich noch morgens für viel zu teures Geld in Rimini ersetzen lassen. Den jetzt akuten Platten konnte ich aber ohne Schwierigkeiten eingenhändig flicken. San Marino selbst liegt mitten oben auf einem über 500m hohen Hügel. Rimini liegt bekanntermaßen auf Meeresniveau. Es lohnt sich trotzdem. Obwohl das Dorf von Touristen überquellt. Auch wurde ich oft ziemlich komisch angeguckt, als ich so mein schweres Rad die letzten Meter den Berg hinauf schob.
Nach dem verdienten Nachmittagsmahl ging es weiter nach Südwesten. Nach einer kurzen Abfahrt ging es ein Tal entlang wieder bergauf. Immer Richtung Passhöhe, welche ich allerdings erst am nächsten Tag erreichte. Auf der Suche nach einem Lagerplatz fand ich eine bizarre Felsformation etwas abgelegen der Straße, zu deren Fuß ich auf einem abgeernteten Feld lagerte. Als ich so gerade meine Plane ausgebreitet hatte (das Zelt, immerhin 6kg, hatte Alex wieder mitgenommen) und mein Lager bereitete, gab es plötzlich einen Tumult auf dem Schotterweg auf dem ich zu dem Lagerplatz gelangt war. Da mein Lager weitesgehend sichtgeschützt war, konnte ich nur hören was vor sich ging.
Ohne mir, bis heute, bekannten Grund rief auf einmal eine ältere Frau mehrmals, und sehr wehement, nach der Polizei. „La polizia, la polizia!” – das verstehe selbst ich, als philologisch eher Unbegabter. Kurz danach lief ein Mann den Weg lang zum nahen Dorf, worauf bald ein anderer Mann auf einem Pferd heran gallopiert kam. Ich dachte schon, die wollten mich vom Feld vertreiben. Aber nach einer etwa halbstündigen Diskussion, die ich in Fetzen mithören konnte, sind wohl alle ihrer Wege gegangen. So ganz wohl war mir nicht bei der Sache. Ich bin dem Ganzen am nächsten Morgen auch nicht weiter auf den Grund gegangen, sondern habe mich schleunigst auf meinen Weg Richtung Perugia gemacht.
Das eben angesprochene Nachtlager war übrigens eines der besten überhaupt gewesen. Von der Straße aus praktisch nicht zu sehen, konnte ich den sternenklaren Himmel über mir genießen. In der Ferne leuchteten die Lichter der nächsten Dörfer, und am Morgen weckte mich ein über das Feld gallopierendes Reh.
Der Weg nach Perugia wurde zur Königsetappe der bisherigen Reise. 2 1/2 Appennninenpässe musste ich überwinden bis ich ins Tibertal kam. Dort führten mich der leichte Rückenwind und teilweise der Windschatten von ein paar Rennradfahrern ziemlich schnell nach Ponte Felcino, das ich nach insgesamt 127km erreichte. Weil ich die gesamte Kochausrüstung aus Gewichtsgründen und Bequemlichkeit Alex mitgegeben hatte, verbrachte ich von nun an viel Zeit mit Pizza und Pastaessen. Die, meistens durch ihre Privattelefonate abgelenkte, Dame an der Rezeption der JH konnte mir daher auch ein ziemlich uriges, ich würde mal sagen italienisches Schnellrestaurant empfehlen.
Nach zwei geruhsamen Nächten und einem Tagesausflug durch Umbrien ins nahe und überaus sehenswerte Assisi setzte ich meinen Weg nach Rom fort. Zum ersten Mal während der Tour hatte ich ein Bett in einer Jugendherberge vorbestellt, was auch sogleich in die Hose ging. Ich vertrödelte meine Zeit bis halb vier Uhr nachmittags mit Zeitunglesen und Pause machen, und so kam ich erst gegen 20 Uhr in Terni an. Ziemlich entnervt von der Schnellstraße, die in die Stadt führte, bog ich einfach ab und verzog mich hinter ein paar Blumengeschäfte nahe eines Friedhofs. Leider war die Schnellstraße keine 20 Meter entfernt und erstens beleuchtet und zweitens die ganze Nacht hindurch befahren.
Lang dauerte die Nacht nicht. Dann fand ich aber den Weg in die Stadt und wieder hinaus. Ab Tarni folgte ich immer der SS 3, der „Via Fermiale,“ die direkt nach Rom führt. Eine interessante und für Radfahrer eher unangenehme Tatsache ist, dass die Italiener ihre meist hübschen Dörfer nie in den Flusstälern gebaut haben, sondern immer auf den Hügeln drauf. Das einzige was durch die Täler führt, sind die Autobahnen und Schnellzugstrecken. Dem einsamen Radler bleibt nichts als den langen Hügelketten parralel des Tibers zu folgen. Zunächst mehr auf als ab, später anders herum. Bis man in Rom ist.
Die Stadt im Blick und als einzige Möglichkeit hinein eine 4 bis 6-spurige Schnellstraße. Wirklich Spaß hat das nicht gemacht, und ich war heilfroh als ich endlich einen Touristeninformationsstand gefunden hatte. Dort bekam ich eine Karte, woraufhin ich keine Orientierungsprobleme mehr hatte. Für die nächsten Tage kam ich in einer, mit Sicherheit nicht wirklich legalen, Herberge unter. Zentral gelegen hatte ein Typ eine Wohnung voll mit Betten gestellt und vermietet diese nun.
Mein Ziel hatte ich erreicht. Nach zweieinhalb Wochen schon. Anfangs hatten wir vier eingeplant. Das Wissen um das erreichte bringt eine gewisse Befriedigung mit sich. Wie auch die zumeist ungläubigen Kommentare der anderen Herbergsgäste. Drei Tage Sightseeing in Rom reichten mir allerdings allemal. Ich bin kein Stadt-anguck-muss-alles-gesehen-haben-Mensch. Die Anzahl meiner Romfotos beläuft sich auf drei.